Leseprobe: Aktivitäten für Krippe & Kindergarten

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Aus: Literacy: Erste Entdeckungsreisen in die Welt der Schrift von Rae Pica (© Verlag an der Ruhr)

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Voraussetzungen für den Schriftspracherwerb

Im Laufe der Jahre haben Lehrer und Erzieher unterschiedliche Methoden und Formen angewandt, um die Schriftsprachkompetenz kleiner Kinder zu fördern. Lange Zeit debattierten Pädagogen (und politische Entscheidungsträger) darüber, ob es richtig sei, sich auf phonologische Bewusstheit und Worterkennung, und nicht so sehr auf die Ganzwortmethode zu konzentrieren, bei der die Begegnung mit der Sprache in einen sinnvollen Zusammenhang eingebettet wird. Heute werden im Erstleseunterricht meist beide Ansätze gemischt. Dabei macht es keinen Unterschied, wie wir den Prozess bezeichnen, in dessen Verlauf aus einem Kind die Schriftsprache erwirbt. Egal, ob wir von Unterricht in Sprach- und Kommunikationskompetenzen oder von Anbahnung des Schriftspracherwerbs sprechen, die Bestandteile bleiben dieselben: Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben.

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Bei diesen vier Elementen geht es um Kommunikation – gesendete und empfangene –, und das bedeutet, dass sie im Leben jedes Einzelnen eine wesentliche Rolle spielen. Die Beschäftigung mit Sprache und Kommunikation ist in der einen oder anderen Form ein Bestandteil aller Bildungspläne und Lehrpläne, vom Kindergarten über die Grundschule bis zur weiterführenden Schule.

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In frühpädagogischen Einrichtungen ist der Stuhlkreis traditionell die Zeit am Tag, in der dem Lernbereich Sprache die größte Aufmerksamkeit gewidmet wird. Bei dieser Gelegenheit lesen die Pädagogen den Kindern Geschichten oder Gedichte vor und die Kinder sitzen da und hören zu. Oft gibt es vor oder nach dem Vorlesen ein Gespräch. In der Vergangenheit wurden Lesen und Schreiben allzu oft als voneinander getrennte Tätigkeiten betrachtet, bei denen sich die Kinder auf einzelne Themen wie Lauterkennung, Buchstabieren und Wortbildung konzentrieren mussten.

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Heutzutage berücksichtigt der Literacy-Ansatz die Überlegung, dass die Tätigkeiten Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben sich teilweise überschneiden und in einer Wechselbeziehung zueinander stehen: Jeder Bereich trägt zur Entwicklung der anderen Bereiche bei. Die Kinder lernen Inhalte am besten, wenn sie für sie persönlich bedeutsam sind. Spracherwerb und Anbahnung der Schrift sollen als natürlicher, kontinuierlicher Prozess ablaufen, der alle Aspekte des Lebens eines Kindes einbezieht und das Kind aktiv an der Erschließung von Bedeutungen beteiligt.

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Zehn kleine Finger

Beim Schreiben ist es wichtig, kräftige Hände und Finger zu haben. Diese Übung kräftigt die Muskulatur und erweitert gleichzeitig den Wortschatz der Kinder. Sie begegnen Formulierungen wie "die Finger spreizen", "eine Faust machen" und "die Hände falten" und setzen sie in die entsprechenden Bewegungen um.

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Ziel:

fördert die Feinmotorik und die Beweglichkeit der Finger und das Wortverständnis

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So geht’s:

Lesen Sie den Kindern das folgende Gedicht vor.

Ermuntern Sie sie, die Finger so zu bewegen, wie die Verse es vorgeben.

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An jeder Hand fünf Finger,

das macht zusammen zehn.

Und was ich damit machen kann,

das kannst du jetzt gleich sehn.

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Ich kann die Finger spreizen,

dann wird die Hand ganz breit.

Doch wenn ich eine Faust draus mache,

bin ich kampfbereit.

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Und möchte ich ganz brav aussehn,

kann ich die Hände falten.

Dann mach ich eine Räuberleiter

und kann dich gut drin halten.

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Ich kann sie einfach baumeln lassen,

dann hängen sie so runter,

und wink ich dir "Auf Wiedersehn",

da werden sie ganz munter.